Was ist Achtsamkeit?

Was ist Achtsamkeit?


Achtsamkeit ist die aufmerksame Wahrnehmung und Bewusstheit gegenüber dem,
was im Leben gerade stattfindet.

Achtsamkeit richtet sich auf Alles, nicht nur auf das bewusste Abrollen des Fußes während einer Gehmeditation. Dabei schließt sie alle Aspekte des Lebens ein, Freud und Leid, die scheinbar unwichtigen Handlungen des Tages wie die wichtigen Ereignisse, die Gefühle, die angenehmen und unangenehmen, die Konflikte, die Schwierigkeiten, aber auch die Schönheit und den Genuss durch die Sinne.

Indien_Impressionen_Yogazentrum_Lindenberg-3093Ein Freund, der mit mir in Indien war, ging jeden Morgen in dasselbe kleine Cafe an einer betriebsamen fast chaotischen Strasse. Er erzählte mir:“ Ich setze mich jeden Tag an den Fluss des Lebens. Ich sehe Chaos und Schmutz und unzählige Bettlerkinder. Liebevoll trägt ein Mädchen ihren verkrüppelten Bruder, nebenan gibt es wunderschöne Rosen, die verkauft werden. Hupen, Musik, die aus  Lautsprechern quäkt, Frauen in leuchtenden Seidensaris, stinkende Pfützen vom letzten Monsun, dazwischen der Duft von Jasmin…“
Dieser kleine Bericht hat mich damals sehr berührt und mir geholfen, zeigt er doch die Polarität des Lebens, die aber gleichzeitig die ganze Fülle ausmacht. Wahrlich der Fluss des Lebens. Alles darf da sein, alles hat seine Berechtigung. In der Achtsamkeit nehmen wir dies alles bewusst war, ob es uns gefällt oder nicht, und versuchen nicht, einen Pol des Lebens auszugrenzen oder abzuspalten.

 

In drei kleinen Episoden möchte ich zeigen, wie sich Achtsamkeit ausdrücken kann. Doch zuerst unsere meist normale, in der Regel unbewusste Haltung

Morgens an einem Werktag. Ich schaufle mein Müsli in mich hinein, während ich die Zeitung überfliege. Dabei noch schnell ein paar Grüße auf Whatsapp ausgetauscht. Bis die Antwort kommt, schnell weiter gelesen. Man muss ja informiert sein! Oje, was koche ich heute nur? denke ich, und schaue dazwischen in den Kühlschrank.

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Heute wache ich auf und fühle mich lustlos und traurig. Ich kann mir gar nicht erklären, woher das kommt. Am besten, ich lenke mich ab, stelle Musik an und decke mich mit tausend Aktivitäten zu. Die unangenehmen Gefühle werden dann schon wieder verschwinden.

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Ich bin auf einem großen Familienfest. Viele Menschen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Alle reden aufeinander ein, es ist laut und letztlich merke ich, dass ich mich auf niemand wirklich einlassen kann.

 

Achtsamkeitsorientierte Haltung


Ich esse ein Müsli und spüre in meinem Mund ein Nebeneinander von harten und weichen Substanzen, die sich verteilen, dann explodierende Süße, gefolgt von einer milden, weichen Masse. Zwischen den Zähnen nehme ich die Vielzahl der Konsistenzen und Geschmacksmöglichkeiten wahr, alles geschieht mühelos und voll Genuss. Danach verschicke ich in aller Ruhe meine Whatsapp- Nachrichten, überfliege die Zeitung (ich werde sie heute Abend in Ruhe lesen oder auch gar nicht!)  und kurz bevor ich gehe, beschäftige ich mich mit der Befüllung meines Kühlschrankes.

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Ich wache auf und fühle mich grundlos lustlos und traurig. Ich bemerke die Traurigkeit und akzeptiere sie. Interessant!  So fühlt sich Traurigkeit an! Immer wieder erkunde ich dieses Gefühl in mir.  Im Laufe des Tages fällt mir der Traum von heute Nacht ein und ich bemerke, dass die Traurigkeit mit diesem Traum zusammenhängt. Ich weiß, sie wird vergehen, und ich bin neugierig, wohin mich das Leben weiter führen wird.

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Ich bin auf einem großen Familienfest. Alle Menschen reden aufeinander ein, es ist laut und ich nehme wahr, dass ich mich unwohl fühle, weil ich mich nicht wirklich einlassen kann. Ich will es jedem recht machen und bekomme eigentlich von den einzelnen Menschen nichts mit. Ich bemerke, dass mir dies Stress macht. Ich gehe einen kurzen Moment vor die Tür (zum Auto, zur Toilette, in den Garten) atme ein paar Mal tief durch und zentriere mich in mir. Jetzt fühle ich mich wieder in Kontakt mit mir selbst und kann aus meiner Mitte heraus den Anderen  gerecht werden.

Diese kleinen aus dem Leben gegriffenen Beispiele zeigen, dass wir in einer achtsamen Haltung die Situation selbst nicht verändern. Was wir verändern ist unsere innere Haltung.

Wir bleiben dabei in der aufmerksamen Bewusstheit für das, was das Leben gerade bringt, ob es uns gefällt oder nicht. Durch diese Zentriertheit und nicht wertende Akzeptanz, die wir natürlich üben müssen, entdecken wir ein heilendes Potenzial in uns und eine sich mit der Zeit verändernde Haltung dem Leben gegenüber, die sich in Feingefühl und Mitgefühl, Wertschätzung und Dankbarkeit äußert. Das Leben wird wertvoller, kostbar der Augenblick.

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